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Totale Sonnenfinsternis

11. Juli 1991 / Mexico


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SONNENFINSTERNISREISE
IN DEN GOLF VON KALIFORNIEN

Im Frühling 1991, haben wir (Rudolf Conrad, Walter Max Schwendenwein und Dipl.Ing. Heinz Scsibrany) den Entschluß gefaßt, gemeinsam nach Mexico zur Sonnenfinsternis zu reisen. Anfang Juni nahmen die Planung und die Vorbereitung konkrete Formen an.

So wie die letztjährige Finnland-Finsternis-Flugreise, wurde auch diese Finsternisreise nach Mexico von der Wr. Universitäts-Sternwarte tatkräftig unterstützt. Besondere Hilfe wurde uns von Frau Univ.Prof. Firneis und Herr Dr. Ernst Göbel zuteil, die uns aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz bezüglich Finsternisreisen viele wertvolle Anregungen gaben. Gemeinsam erarbeiteten wir auch ein wissenschaftliches Programm, das während der Finsternis absolviert werden sollte. So etwa waren die Temperaturabweichungen während der Finsternis sowie die Aufnahmen der Sonnenkorona im polarisierten Licht vorgesehen (im blauen-, im roten und im visuellen Bereich). Es wurde uns freundlicherweise ein Satelliten-Navigator (GPS) auf die Reise mitgegeben, der uns auf 30 Meter genau die Position und die Höhe auf jedem beliebigen Punkt der Erde be stimmen ließ. (Ein ganz tolles Gerät, wie sich später herausstellen sollte) Vor der Reise ließen wir uns noch medizi nisch im Tropeninstitut versorgen, um ge gen Krankheiten aller Art geschützt zu sein. Da alle Quartiere auf der Halbinsel bereits vor einem Jahr ausgebucht waren, entschlossen wir uns, die Finsternis vom mexikanischen Festland aus zu beobachten. Schließlich konnten wie ein 5-Sterne Hotel in Guadalajara buchen. Diese 3Mill. Stadt liegt etwa 700 km westlich von Mexico-City in 1600 Meter Höhe. Guadala jara lag ebenso wie Mexico City bereits in der Totalitäts-Zone. Die Dauer der Totalität war hier mit 6m18,6s bzw. mit 6m42,0s für die Hauptstadt angegeben. Wir kamen bereits fünf Tage vor der Finsternis in Mexico an. Dort gab es laut ersten Auskünften fast täglich ab mittag Regengüsse und Gewitter. In Guadalajara, wo wir unser Hotel hatten, konnten wir bereits am Flughafen einen Leihwagen  (VW-Golf mit Klimaanlage) für eine Woche mieten. Obwohl er erst 30 000 km gefahren war, war er keineswegs in gutem technischen Zustand. Besonders die Federung und die Stoßdämpfer sowie die Lenkung waren ziemlich "angeschlagen". Leider gab es auch keinen Zigarettenanzünder in diesem Auto, und so konn ten wir unsere Ladegeräte für Akkus nicht direkt an 12 Volt anschließen. Zum Glück hatten wir aber mehrere Akkus, und so konnten wir diese mit unseren Netzgeräten, im Hotel mit 110 Volt laden.

Bald mußten wir feststellen, daß die Wetterlage hier in Guadalajara recht ungünstig für die Finsternis-Beobachtung schien. Selbst das schönste Hotel kann nichts daran ändern, wenn es fast täglich ab Mittag regnet und kaum die Sonne hervorkommt. So fuhren wir täglich zum Flughafen und informierten uns ausführlich über die Großwetterlage. Glücklicherweise war der leitende Meteor ologe uns sehr zugetan und ließ uns die aktuellen Wetterkarten und Satelliten-Bilder studieren. Nach einigen Tagen der Wetter-Information war uns klar - wir waren im falschen Gebiet! Die Chancen für einen wolkenfreien Himmel zur totalen Sonnenfinsternis waren sehr gering. So verwarfen wir unser Vorhaben, am Finsternistag mit dem Auto nach Tuxpan, an die Küste zu fahren. Da wir ja täglich am Flughafen waren, versuchten wir Inlandsflüge auf die Baja California zu bekommen. Nach mehreren Anfragen bei den verschiedenen mexikanischen Fluglinien ergab sich schließlich die Möglichkeit, am Vortag der Finsternis auf Mazatlan zu fliegen und nach etwa 4 Std. Wartezeit einen Weiterflug nach San Jose del Cabo zu bekommen. Nachdem wir für den Abend des Finsternistags sogar einen Direkt-Rückflug nach Guadalajara buchen konnten, war dieser Finsternis-Trip auf die Halbinsel eine beschlossene Sache.

Am Mittwoch, den 10. Juli, Vormittag verstauten wir unsere Finsternisgeräte in 5 Reisetaschen. Mit diesem Handgepäck verließen wir gegen Mittag unser Hotel in Richtung Flughafen Guadalajara. Unser Finsternisausflug auf die Halbinsel hatte somit begonnen. Beim Start des Flugzeugs in Guadalajara hat es leicht geregnet. An der Küste nahe Tuxpan war die Bewölkung bereits aufgelockert, und in Mazatlan war es bereits heiter bei gut 30 Grad Lufttemperatur. Max Schwendenwein testete kurz außerhalb des Flughafengebäudes den Navigator. Dieser hatte den neuen Standort sofort gefunden und angezeigt. Im klimatisierten Flughafengebäude warteten wir so wie viele Gleichgesinnte auf unseren Weiterflug. Gegen 20 Uhr beim Aussteigen aus dem Flugzeug am Airport Los Cabos erwartete uns bereits ein herrliches Berg-Panorama, das im Abendrot erstrahlte. Dazu ein wolkenloser Abendhimmel mit vier frei sichtigen Planeten (Venus, Mars, Jupiter, Merkur). Auch hier unterm klaren Sternen himmel hatte es rund 30 Grad! Da es wie erwartet keine Leihautos mehr gab, ließen wir uns mit einem Flughafen taxi nach Cabo San Lukas bringen. Obwohl angeblich seit einem Jahr kein Quartier mehr in diesem Gebiet zur Fin sterniszeit zu bekommen war, haben wir ein sehr luxuriöses Appartement in einem Nobelhotel ergattert. Netterweise hat man uns das schon von unserem Hotel in Guadalajara aus gebucht. Sonst hätten wir diese Nacht wohl am Flughafen ver bringen müssen!

Noch am späten Abend kümmerten wir uns um ein Taxi für den Finsternistag. Fahrer und Auto sollten uns ca. 10 Stunden zur Verfügung stehen. Um 4 Uhr früh sollte es losgehen, denn ab 7 Uhr könnten die Straßen gesperrt bzw. verstopft sein.150 US S sollte das Taxi kosten. Im Hotel wurden von uns noch die letzten Vorbereitungen getroffen. Neue Filme wurden in die Kameras eingespannt, die Akkus für die Videokameras frisch gela den, und das Aufnahme-Programm für die Finsternis wurde nochmals besprochen. Nach einigen Stunden Schlaf ging's schon um 4 Uhr früh zum wartenden Taxi. Unterm klaren Sternenhimmel fuhren wir Richtung Santiago, daß nahe der Zentrallinie liegt. Vorher zweigten wir in Richtung zur Ostküste ab. Inzwischen war es hell geworden, und der Sonnenaufgang sollte natürlich gefilmt werden. So machten wir einen kurzen Zwischenstopp. Ab hier trat unser Satelliten-Navigator in Aktion. In Übereinstimmung zur Straßenkarte fuhren wir auf einer Sandstraße Richtung Küste, nahe Cabo Pulmo. Schließlich erreichten wir an der Straße einen Punkt, an der unser Nav. exakt die Zentrallinie anzeig te. Obwohl wir während dieser Fahrt be reits an einigen Gruppen von Finsternis Beobachtern vorbeigefahren waren, war es hier menschenleer. Wir waren im Umkreis von etwa 700 Metern allein mit der Natur. Es war gegen 7.30 Uhr Ortszeit, und wir schleppten unser Handgepäck mit den Gerä ten auf eine Anhöhe, etwa 150 Meter von der Sandstraße entfernt.

Da wir bereits 3 Stunden vor Finsternisbeginn an Ort und Stelle waren, hatten wir genügend Zeit für alle Vorbereitun gen. Das Wetter war klar, der Himmel fast wolkenlos. Wir waren inmitten von großen Kakteen und Sträuchern. Zum Glück gab es keine lästigen Insekten oder gefährliches Getier. Gegen 9 Uhr hatte es bereits rund 35 Grad im Schatten, der hier nur spär lich vorhanden war. Außer festen Schuhen war für mich eine kurze Hose und ein Son nenhut die ideale Bekleidung. Unser Taxifahrer besorgte uns liebenswürdigerweise aus der nächsten Ortschaft etwa 12 Liter kühle Erfrischungsgetränke. Somit waren wir gut versorgt und konnten mit dem Aufstellen der Geräte und der Kontrolle der Quarzuhren nach dem Zeit zeichensender beginnen. Es gab noch aus reichend Zeit, um vor der Finsternis Ver gleichstestaufnahmen zu machen. Inzwischen hatte es 37 Grad, und die ersten Getränkeflaschen waren bald leer. Mit Beginn der partiellen Finsternis wurde im Abstand von je 5 Minuten die Sonne je weils etwa 15 Sekunden auf Video gefilmt. Meine Video-Kamera ermöglicht dies mit 30facher Vergrößerung in Hi8 Qualität. Dazu wurde jeweils über Fernsteuerung die UT Uhrzeit eingeblendet. Natürlich war ein SolarScreen Filter vor der Optik, und die Helligkeit der Sonnenscheibe wurde manuell geregelt, damit die Sonnenflecken deutlich sichtbar abgebildet wer den. Diese Serie konnte bis zur Totalität (und auch danach) lückenlos gefilmt werden.

Vor der Totalität wurde natürlich das dunkle Sonnenfilter entfernt. Nach dem 2.Kontakt blitzten die Protuberanzen auf. Ich film te die Totalität fast durchwegs mit 30fa cher Vergrößerung. Während der fast 7Min. Tot.Dauer war auch der Zeitzeichen-Em pfänger "live" im Hintergrund zu hören. Kollege Scsibrany filmte parallel mit 10facher Vergrößerung, ebenfalls auf Hi8 Video und Stereo Hifi-Ton. Daneben filmte er aber auch den Dämmerungshorizont und die Venus. Parallel dazu "schossen" wir auch Farbaufnahmen vom 2. und 3.kontakt und von der Sonnenkorona mit diversen Teleobjektiven. Für die Nachführung der Videokameras verwendeten wir Micro-Slow Motion-Feinbewegungen am Panoramakopf der Stative. Die Totalität war nicht sehr dunkel, denn wir brauchten die Taschen lampen fast nicht einschalten. Trotz leichter Alto-Cumulus-Bewölkung während der Totalität war die Korona prächtig strukturiert und die hellen Planeten und Sterne sichtbar (Venus, Jupiter, Merkur, Mars, Regulus und Beteigeuze). Auch Wide-Field-Aufnahmen mit "stehender Kamera" haben wir gemacht. Neben der to talen Finsternis sind Venus, Jupiter und Merkur erkennbar, ebenso der orangerote Dämmerungshimmel am Horizont. Wir nützten die lange Totalität sogar zu einem kurzen Blick durch das 10x50 Fernglas. Es bot sich ein eindruckvoller Anblick! Der dritte Kontakt ging sehr langsam vor sich, und es wurde gar nicht so abrupt hell. Auf unserem vorher aufgelegten weißen Leintuch konnten wir keine "flie genden Schatten" wahrnehmen. Koll. Schwendenwein fotografierte die Korona im polarisierten Licht. Außerdem hat er auch Serien mit Farbfilter, (blau und rot) mit jeweils zwei verschiedenen Belichtungszeiten auf Fujichrome 400Prof. Diafarbfilm und Teleoptik (F=400mm/5,6) gemacht. Während der partiellen Phase fotografierte er zu jedem Minuten-Impuls des Zeitzeichen-Empfängers die Sonne. Als Aufnahmeoptik war ein MTO 500mm/1:8 Spiegel Teleobiektiv, kombiniert mit einem 3fach Konverter, im Einsatz (F=1500mm/1:24). Die Belichtungszeit war immer 1/1000 Sek. auf Kodak Technical Pan 2415 Film. Insge samt wurden inkl. der Testaufnahmen 6 Patronen mit je 36 Aufnahmen vom TP 2415 "verschossen".

Anhand der Test-Serien-Aufnahmen (mit Solar-Skreen-Objektiv-Filter bei 1/1000s Belichtungszeit) kurz vor Finsternisbe ginn wurde erst die gewünschte Filmem pfindlichkeit für den Technical Pan 2415 Film ermittelt. Für die beste Tonwert Abstufung auf den Negativen war eine Ent wicklung auf 250 ASA (25 DIN) erfoder lich. Damit die Negative nicht zu hart wurden, verwendete ich den weich und feinkörnig arbeitenden Kodak HC 110 Entwickler. Zum Glück zog erst gegen Ende der par tiellen Phase dichtere Bewölkung auf. Diese konnte uns nichts mehr vermiesen, denn unsere Ausbeute war mehr als üppig. Eine Unzahl prächtiger Aufnahmen und zwei umfangreiche Videofilme hatten wir "im Kasten".

Nach der Finsternis fuhren wir mit unserem Taxi wieder zum Flughafen "San José del Cabo" zurück. Von hier gab es bald den Direktflug nach Guadalajara zurück. Dort hatten wir in unserem Hotel, noch einen Tag Zeit bis zur endgültigen Heimreise. Im Hotel, sahen wir uns die Videobänder auf einem kleinen Farbmontitor an. So lief das Erfolgs-Erlebnis dieses Finsternistages, nochmals vor unseren Augen ab. Im Hotel erfuhren wir auch, wie die totale Sonnenfinsternis am Ort abge laufen ist. "Es wurde sehr finster, aber von der Sonne war nichts zu sehen". Am Freitag, den 12. Juli abends, ging's nach Mexico-City zurück nach Madrid. Hier gab es eine Zwischennächtigung, bevor es Sonntag Nachmittag den Rückflug nach Wien gab. Nun gibt es eine Menge Arbeit: die Filme entwickeln und die Aufnahmen auswerten. Die größte Arbeit wird der Schnitt und die Zusammenstellung des Videofilms bereiten. Schließlich soll er diese Finsternisreise eindrucksvoll dokumentieren und für immer in Erinnerung halten.

Walter Max Schwendenwein, Rudolf Conrad, Dipl.Ing. Heinz Scsibrany

 

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